Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Bewertung von Freisetzungsanträgen

Wird ein Antrag auf Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen gestellt, prüft das BVL, ob die Gesundheit von Menschen, die Umwelt oder Sachgüter durch die geplante Freisetzung gefährdet sein könnten.

Grundlage für diese Sicherheitsbewertung ist das Wissen über den unveränderten Organismus, über die Wirkung der gentechnischen Veränderung und über das Verhalten der gentechnisch veränderten Pflanzen.

Diese Informationen gewinnt das BVL aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen und aus den Ergebnisse und Beobachtungen von Vorversuchen mit den gentechnisch veränderten Pflanzen in gentechnischen Anlagen (Labor oder Gewächshaus). Auch Erkenntnisse aus den Freisetzungen ähnlicher Organismen oder Organismen mit ähnlichen Merkmalen können zur Bewertung herangezogen werden.

Die meisten Freisetzungen werden mit Kulturpflanzen durchgeführt, deren Biologie sehr gut bekannt ist.

Wird eine Pflanze gentechnisch verändert, so stellt sich die Frage, wie sich diese Veränderung auf den Stoffwechsel der Pflanze auswirkt. In vielen Fällen ist die Funktion der Gene, die mit gentechnischen Verfahren übertragen werden, gut bekannt. Man kann daher einschätzen, ob diese Gene oder ihre Produkte (Proteine) den Stoffwechsel der Pflanzen beeinflussen oder nicht. Durch Eingriffe in den Stoffwechsel kann es in den gentechnisch veränderten Pflanzen zur Bildung neuer Inhaltsstoffe oder zu Veränderungen des Gehalts bereits vorhandener Inhaltsstoffe kommen. Das BVL bewertet dann, ob sich diese Veränderungen bei einer Freisetzung negativ auf andere Organismen in der Umwelt auswirken können.

Ein Beispiel für einen gezielten Eingriff in den Stoffwechsel einer Pflanze ist die Übertragung eines Gens für ein bestimmtes Enzym (ein Protein) der Stärkebiosynthese in Kartoffeln. Die Bildung dieses neuen Enzyms in den Kartoffelknollen bewirkt, dass sich die Zusammensetzung der Kartoffelstärke verändert, was für industrielle Verwendungszwecke vorteilhaft sein kann. In anderen Fällen, zum Beispiel beim „Bt-Mais“, der durch die Bildung eines neuen Proteins („Bt-Protein“) gegen bestimmte Insekten geschützt werden soll, sind Auswirkungen der gentechnischen Veränderung auf den Pflanzenstoffwechsel nicht erwünscht.

Bei der Risikobewertung wird auch geprüft, ob sich das Verhalten der Pflanzen in der Umwelt durch die gentechnische Veränderung verändern könnte. Eine mögliche Veränderung wäre, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen in der Umwelt besser überleben können, etwa durch erhöhte Frostresistenz. Auch hier erlauben die Kenntnisse über die Biologie der Empfängerpflanzen und die Funktion der neu übertragenen Gene in den meisten Fällen bereits eine gute Einschätzung des Umweltverhaltens, bevor die gentechnisch veränderten Pflanzen zum ersten Mal ins Freiland gelangen. 

Pflanzen aus Freisetzungsvorhaben dürfen nicht zu Lebensmitteln oder Futtermitteln verarbeitet oder verkauft werden.

Gentechnisch veränderte Pflanzen werden zur Grundlagenforschung freigesetzt oder um zu prüfen, ob  sie für einen landwirtschaftlichen Anbau geeignet sind. Zahlenmäßig überwiegt die Anzahl der Anträge für Grundlagenforschung im Freiland. Bei den Anträgen auf Freisetzung von Pflanzen, die vielleicht später für den landwirtschaftlichen Anbau zugelassen werden sollen, ist häufig vorgesehen, die gleichen Pflanzen gleichzeitig an mehreren Standorten freizusetzen, um deren Verhalten unter verschiedenen Umweltbedingungen beobachten zu können.

Bevor solche Pflanzen frei angebaut, zu Lebensmitteln oder Futtermitteln verarbeitet und gehandelt werden dürfen, muss ein weiteres Zulassungsverfahren erfolgreich durchlaufen werden. Diese Zulassung zum Inverkehrbringen erfordert eine sehr viel umfassendere Charakterisierung der gentechnisch veränderten Pflanzen, als sie für Freisetzungsvorhaben verlangt wird.

Freisetzungen finden unter strengen Auflagen statt

Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen müssen vom Betreiber regelmäßig kontrolliert werden und unterliegen der Überwachung durch die zuständigen Landesbehörden. In der Regel sind Abstände zu benachbarten Feldern mit der gleichen Pflanzenart einzuhalten, um Auskreuzungen zu vermeiden. Nach Beendigung der Freisetzung müssen die Versuchsflächen darauf kontrolliert werden, ob dort gentechnisch veränderte Pflanzen nachwachsen, weil eventuell auf der Versuchsfläche Samen oder Knollen zurückgeblieben sind. Diese Maßnahmen dienen dazu, die Freisetzungen zeitlich und räumlich zu begrenzen. Im Einzelfall kann das BVL in Abhängigkeit vom Ergebnis der Risikobewertung Auflagen zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen erteilen.