Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Die Bestimmung der Kennzahlen zu den Therapiehäufigkeiten

Das Tierarzneimittelgesetz sieht die Reduzierung des Einsatzes antibiotisch wirksamer Arzneimittel als eines seiner Ziele vor. Der Vergleich der betrieblichen Therapiehäufigkeiten mit den bundesweiten Kennzahlen der Therapiehäufigkeiten, das sogenannte Benchmarking- System, ist Teil dieses Konzeptes. Es wurde im Zuge der 16. AMG-Novelle eingeführt und ist seit dem 2. Halbjahr 2014 für Mastbetriebe verpflichtend. Seit 2023 werden auch für Milchrinder- und Legehennenhaltungen betriebliche Therapiehäufigkeiten ermittelt. Bei Überschreitungen der Kennzahlen müssen Maßnahmen eingeleitet werden. Die bundesweiten Kennzahlen ermittelt und veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).

Wer übernimmt welche Aufgaben im Rahmen der Datenerfassung?

Tierhalterin oder Tierhalter:

  • Meldung der Anzahl gehaltener Tiere der jeweiligen Nutzungsart für jedes Halbjahr sowie Zu- und Abgänge (auch verendete und getötete Tiere). Die Meldungen haben im ersten Kalenderhalbjahr jeweils bis spätestens am 14. Juli des betreffenden Jahres und für das zweite Kalenderhalbjahr jeweils spätestens am 14. Januar des Folgejahres zu erfolgen.
  • Meldung, wenn kein antibiotisch wirksames Arzneimittel eingesetzt wurde (Nullmeldung).

Tierärztin oder Tierarzt:

Überwachende Behörde:

  • Ermittlung der betrieblichen Therapiehäufigkeiten halbjährlich und Weitergabe der anonymisierten Daten an das BVL jeweils am 1. August des betreffenden Jahres und für das zweite Kalenderhalbjahr am 1. Februar des Folgejahres.

BVL:

  • Ermittlung und Veröffentlichung der bundesweiten Kennzahlen zu den Therapiehäufigkeiten einmal jährlich auf der Homepage bis zum 15. Februar des darauffolgenden Kalenderjahres.

Für welche Betriebe werden Daten übermittelt?

Die Ermittlung der Therapiehäufigkeiten erfolgt nur für bestimmte Nutzungsarten von Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen und nur in Betrieben, deren Bestände mit diesen Nutzungsarten definierte Bestandsuntergrenzen überschreiten (siehe Tabelle).

NutzungsartErläuterungenBestandsuntergrenze pro Betrieb
MilchküheRinder, die der Milcherzeugung dienen, ab der ersten Abkalbung25 Tiere
Kälber, Zukaufnicht auf dem Tierhaltungsbetrieb geborene Kälber ab der Einstallung im aufnehmenden Betrieb bis zu einem Alter von 12 Monaten25 Tiere
Saugferkelnicht abgesetzte Saugferkel ab der Geburt bis zu dem Zeitpunkt, an dem das jeweilige Tier vom Muttertier abgesetzt wird85 Zuchtsauen
Ferkel unter 30 kgFerkel ab dem Zeitpunkt, ab dem das jeweilige Tier vom Muttertier abgesetzt wird bis zum Erreichen eines Gewichts von 30 kg250 Tiere
Mastschweinezur Mast bestimmte Schweine ab einem Gewicht von mehr als 30 kg250 Tiere
Zuchtschweinezur Zucht gehaltene Sauen und Eber ab der Einstallung zur Ferkelerzeugung85 Zuchtsauen
Masthühnerzur Gewinnung von Fleisch bestimmte Hühner ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens des jeweiligen Tieres10.000 Tiere
Legehennenzur Gewinnung von Konsumeiern bestimmte Hühner ab der Aufstallung im Legebetrieb4.000 Tiere
Junghennenzur Gewinnung von Konsumeiern bestimmte Hühner ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens des jeweiligen Tieres bis zur Aufstallung im Legebetrieb1.000 Tiere
Mastputenzur Gewinnung von Fleisch bestimmte Puten ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens des jeweiligen Tieres1.000 Tiere


Welche Informationen müssen durch die Tierärzteschaft gemeldet werden?

Für die Meldung sind von den Tierärztinnen und Tierärzten folgende Angaben zu machen:

  • Name des verschriebenen, angewendeten oder abgegebenen Arzneimittels
  • Name der behandelnden Tierärztin, des behandelnden Tierarztes oder der Tierarztpraxis und die Praxisanschrift
  • das Datum der Verschreibung, der ersten Anwendung oder das Abgabedatum
  • die insgesamt verschriebene, angewendete oder abgegebene Menge des Arzneimittels
  • die jeweilige Nutzungsart und die Anzahl der behandelten Tiere
  • die Anzahl der Behandlungstage
  • die Registriernummer des Betriebes  

Wie werden die bundesweiten Kennzahlen ermittelt?

Es werden zwei Kennzahlen berechnet. Kennzahl 1 wird jeweils durch den Median gebildet und gibt den Wert an, unter dem 50 Prozent aller erfassten betrieblichen halbjährlichen Therapiehäufigkeiten des Kalenderjahres liegen. Kennzahl 2 wird durch das 3. Quartil gebildet und gibt den Wert an, unter dem 75 Prozent aller erfassten betrieblichen halbjährlichen Therapiehäufigkeiten des Kalenderjahres liegen. Die so bestimmten bundesweiten Kennzahlen dienen als Referenzdaten für das im nächsten Schritt erfolgende Benchmarking. Dazu vergleicht jeder meldende Betrieb seine halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit mit den jeweils zuletzt veröffentlichten Kennzahlen: Die am 15. Februar jeden Jahres veröffentlichten Kennzahlen dienen dem Vergleich mit den betrieblichen Therapiehäufigkeiten des 2. Halbjahres des vorherigen Jahres, welcher vom Tierhaltenden bis zum 1. März zu erfolgen hat, sowie dem Vergleich mit den betrieblichen Therapiehäufigkeiten des 1. Halbjahres desselben Jahres, welcher bis zum 1. September zu erfolgen hat.

Die Kennzahlen der Therapiehäufigkeiten lassen keine Rückschlüsse auf die durchschnittliche Anzahl der Behandlungstage pro Tier und Halbjahr zu. Auch können keine Vergleiche zwischen den jeweiligen Nutzungsarten angestellt werden. Die Methodik zur Berechnung der betrieblichen Therapiehäufigkeit wurde durch Anpassungen der zur Berechnung genutzten Faktoren durch den Gesetzgeber mit Wirksamkeit zum 1. Januar 2023 verändert (vgl. TAMG § 57 Absatz (2)). Da der Vergleich von betrieblichen Therapiehäufigkeiten, die auf einer abweichenden Berechnungsgrundlage basieren, als unzulässig einzuschätzen ist, können diese sowie die bundesweiten Kennzahlen 2023 und folgende nicht mit den Kennzahlen aus den Vorjahren verglichen werden.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Benchmarking-System?

Die Betriebe, deren Therapiehäufigkeiten die Kennzahl 1 überschreiten, müssen jeweils unter Konsultation einer Tierärztin oder eines Tierarztes die Gründe für ihren häufigen Antibiotikaeinsatz ermitteln und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um diesen in Zukunft zu reduzieren. Für die Betriebe, die über der Kennzahl 2 liegen, muss jeweils ein Maßnahmenplan zur Senkung des Antibiotikaeinsatzes entwickelt und der zuständigen Überwachungsbehörde in schriftlicher Form vorgelegt werden. Der Plan wird dort geprüft und gegebenenfalls um weitere Maßnahmen ergänzt. Bei einer wiederholten Überschreitung der bundesweiten jährlichen Kennzahl 2 im auf das Halbjahr der ersten Überschreitung folgenden Halbjahr ist keine Erstellung und Übermittlung eines Maßnahmenplans erforderlich.