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Die Erfassung der Antibiotika-Abgabemengen

Bei der Erfassung der Antibiotika-Abgabemengen handelt es sich um ein nationales Überwachungsprogramm, durch welches jährlich die Mengen antibakterieller Wirkstoffe ermittelt werden, die in Form von Tierarzneimitteln an in Deutschland ansässige Tierärztinnen und Tierärzte, sowie weitere Empfänger, zum Beispiel Apotheken oder Hochschulen (gemäß § 45 Abs. 6 Tierarzneimittelgesetz) abgegeben wurden. Anhand des Verlaufes über die Jahre lassen sich Trends in Bezug auf die Abgabemenge insgesamt oder auf bestimmte Wirkstoffe erkennen. Die erhobenen Daten bilden zudem die Grundlage für die Überwachung der in der Tiermedizin verwendeten Antibiotika auf europäischer und globaler Ebene.

Herstellerinnen, Hersteller sowie Inhaberinnen und Inhaber einer Großhandelsvertriebserlaubnis sind auf Grundlage der Verordnung (EU) 2019/6 (Art. 57) in Verbindung mit den Regelungen des Tierarzneimittelgesetzes (§ 45 Abs. 6) verpflichtet, ihre Abgabemengen zu melden. Umfasst sind neben Tierarzneimitteln mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Antibiotika auch solche, deren Wirkstoffe in Tabelle 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 37/2010 oder in einer der Anlagen der Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung gelistet sind. Damit eindeutig ist, für welche Tierarzneimittel Meldungen zu erfolgen haben, veröffentlicht das BVL halbjährlich (1. Mai und 1. November) Listen der mitteilungspflichtigen Tierarzneimittel.

Mit Anwendung der Verordnung (EU) 2019/6 und des Tierarzneimittelgesetzes, sowie aufgrund der Anforderungen der Delegierten Verordnung (EU) 2021/578 werden auch Tierarzneimittel mit antimikrobiellen Stoffen, die für die Verwendung in Arzneifuttermitteln zugelassen sind, erstmalig ab 2023 erfasst.

Die jährliche Erfassung und anschließende Auswertung der Daten erfolgt über das Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register (TAR), welches seit Januar 2022 in den Geschäftsbereich des BVL übergegangen ist. Dafür wurde eine neue Webapplikation entwickelt und den Herstellerinnen, Herstellern sowie Inhaberinnen und Inhabern einer Großhandelsvertriebserlaubnis für die Mitteilung ihrer Daten zur Verfügung gestellt. Für jedes Tierarzneimittel wird die Anzahl der abgegebenen Packungen übermittelt, aufgeschlüsselt nach der Packungsgröße und der Postleitregion (erste zwei Ziffern der Postleitzahl), in die abgegeben wurde. Die Meldung hat jeweils bis zum 31. März für das Vorjahr zu erfolgen. Für die Meldung wird das XML Format genutzt. Weitere Informationen finden Sie hier.

Sind alle Meldungen eingegangen, erfolgt zuerst eine formale und inhaltliche Validierung. Erst dann werden die Abgabemengen zu den Tierarzneimitteln, die Wirkstoffe aus der Gruppe der Antibiotika enthalten, aufgeschlüsselt nach Wirkstoffen, Wirkstoffklassen und Abgaberegionen berechnet. Dabei ist zu beachten, dass sich die endgültigen Ergebnisse auf die Wirkstoffmengen in Reinform beziehen. Liegt der Wirkstoff in einem Tierarzneimittel in Form einer chemischen Verbindung vor, müssen diese Komponenten zunächst herausgerechnet werden. Sind alle Daten vollständig ausgewertet, werden die Antibiotika-Abgabemengen veröffentlicht. Aus Gründen der Wahrung des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses (IGF § 6, UIG § 9 Abs. 1 (3)) können dabei für einen kleinen Teil der Wirkstoffe und Wirkstoffklassen keine detaillierten Angaben gemacht werden, wenn aus diesen Daten z.B. Rückschlüsse auf einzelne Unternehmensdaten gezogen werden könnten.

Die Übermittlung von Daten für die europäische Überwachung

Für Deutschland meldete das BVL von 2011 bis 2023 jährlich die Antibiotika-Abgabemengen an das ESVAC (European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption) Projekt. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) startete dieses Projekt im September 2009, nachdem sie von der Europäischen Kommission aufgefordert worden war, einen harmonisierten Ansatz für die Erhebung und Meldung von Daten über die Verwendung antimikrobieller Mittel bei Tieren in den Mitgliedstaaten der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zu entwickeln. Das ESVAC Projekt diente von 2009- 2023 der europäischen Überwachung des veterinärmedizinischen Verbrauchs an Antibiotika. Zuletzt nahmen über 31 Mitgliedsstaaten auf freiwilliger Basis daran teil. In Deutschland wurde die Meldung von Abgabemengen antibiotischer Tierarzneimittel 2010 in die nationale Gesetzgebung aufgenommen. Nachdem zunächst ein zusammenfassender ESVAC-Bericht für die Jahre 2005 bis 2009 erstellt wurde, wurden seit 2010 jährlich ESVAC-Berichte zu den europäischen Antibiotika-Abgabemengen veröffentlicht. Diese können auf der Webseite des ESVAC Projektes kostenfrei heruntergeladen werden. Es steht zudem seit 2015 eine interaktive Datenbank zur Verfügung, die spezifische Datenabfragen, zum Beispiel für ein bestimmtes Land oder einen bestimmten Wirkstoff, ermöglicht. Ende November 2023 wurde das ESVAC Projekt offiziell beendet.

Ab Januar 2024 müssen alle EU-/EWR-Mitgliedstaaten ihre Daten über das Verkaufsvolumen und die Verwendung antimikrobieller Arzneimittel (Verbrauchsmengen) bei Tieren im Einklang mit der neuen Tierarzneimittelverordnung EU 2019/6 Artikel 57 melden. Dafür müssen die EU/EWR- Mitgliedsstaaten die neu entwickelte ASU (Antimicrobial Sales and Use) Plattform der EMA verwenden. Die neue Datenplattform umfasst sowohl eine europaweite Erfassung von antibiotischen Abgabe- und Verbrauchsmengen, als auch eine umfassende, rechtlich bindende europaweite Harmonisierung des Meldeprozesses. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Daten zu ermöglichen, wurde bereits im ESVAC Projekt ein Korrekturfaktor, die sogenannte Population Correction Unit (PCU), eingeführt. Mit Hilfe dieses Faktors werden die Abgabemengen auf die Biomasse des jeweiligen meldenden Staates normalisiert

Die im Rahmen der nationalen Antibiotika-Abgabemengenerfassung erhobenen Daten aus dem TAR werden dazu entsprechend der geforderten Standards der EMA aufbereitet und anschließend in die ASU Plattform übermittelt.

Bereitstellung von Daten für internationale Projekte

Im Rahmen des „Global Action Plan on AMR“ von der Weltgesundheitsorganisation WHO 2015 hat die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH gegründet als OIE) mit der Sammlung von Daten zur Verwendung von Antibiotika bei Tieren in den WOAH-Mitgliedsstaaten begonnen. Seit 2016 wird ein jährlicher Bericht über diese Datenerfassung veröffentlicht (WOAH Annual Report on Antimicrobial Agents Intended for Use in Animals). Die Berichte stehen auf der Webseite der WOAH zum kostenfreien Download bereit. Seit September 2022 wurde die bestehende Datenbank in ein neues online basiertes Format transformiert. Die ANImal antiMicrobial USE (ANIMUSE) Global Database steht der Öffentlichkeit seit 2023 jederzeit online zur Verfügung.

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Das BVL stellt die Daten für die Erhebung auf Grundlage der an die EMA berichteten Antibiotika-Abgabemengen zusammen und passt sie den spezifischen Anforderungen der WOAH an. Anschließend werden die Daten vom BVL in die ANIMUSE Webapplikation hochgeladen.