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Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind

Grundlagen

Gemäß Artikel 12 Buchst. a der Richtlinie 2009/128/EG ist in Gebieten, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden, die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln so weit wie möglich zu minimieren oder zu verbieten. Gemäß Artikel 3 Punkt 14 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind gefährdete Personengruppen wie folgt definiert:

„Personen, die bei der Bewertung akuter und chronischer Gesundheitsauswirkungen von Pflanzenschutzmitteln besonders zu berücksichtigen sind. Dazu zählen schwangere und stillende Frauen, Kinder im Mutterleib, Säuglinge, Kinder, ältere Menschen, sowie Arbeitnehmer und Anrainer, die über einen längeren Zeitraum einer hohen Pestizidbelastung ausgesetzt sind.“

Zur Umsetzung dieser Vorschriften hat der deutsche Gesetzgeber die Regelung in § 17 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) etabliert. Demnach dürfen auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind nur bestimmte Pflanzenschutzmittel angewendet werden. Gemäß §17 Absatz 1 sind folgende Möglichkeiten vorgesehen, die Eignung für die Anwendung auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, festzustellen:

  • Pflanzenschutzmittel, die nach Artikel 47 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 als Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko zugelassen sind.

    Zugelassene Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko sind entsprechend § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 PflSchG per Gesetz für die Anwendung geeignet. Zulassungen nach Artikel 47 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 für Mittel mit geringem Risiko werden auf der Grundlage der in der Verordnung genannten Voraussetzungen ausgestaltet. Derartige Zulassungen können frühestens ausgesprochen werden, nachdem die entsprechenden Wirkstoffe als Wirkstoffe mit geringem Risiko genehmigt worden sind.

  • Feststellung der Eignung im Zulassungsverfahrens

    Im Rahmen eines regulären Zulassungsverfahren nach Artikel 29 oder 51 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 wird auf Antrag die Eignung eines Mittels zur Anwendung auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, festgestellt. Dazu ist in einem normalen Zulassungs- oder Ergänzungsantrag eine Anwendung mit einem entsprechenden Anwendungsbereich zu beantragen.

  • Erteilung einer Genehmigung für ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel

    Entsprechend § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 PflSchG kann das BVL auf Antrag bei einem zugelassenen Pflanzenschutzmittel die Anwendung auf Flächen genehmigen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind. Anträge können neben dem Zulassungsinhaber auch Dritte stellen. Das Antragsformular ist unten abrufbar. Diese Genehmigungen gelten bis zum Zulassungsende dieses Pflanzenschutzmittels.

Kriterien für die Genehmigung

Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn:

  • an der Anwendung ein öffentliches Interesse besteht und
  • die Prüfung ergibt, dass das Pflanzenschutzmittel auf Grund seiner chemischen Eigenschaften bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine schädlichen Auswirkungen auf die Allgemeinheit hat.

Auf Grundlage der oben gemachten Ausführungen zu den Vorgaben der Richtlinie 2009/128/EG und den gefährdeten Personengruppen, wird davon ausgegangen, dass Pflanzenschutzmittel mit bestimmten gesundheitsbezogenen Eigenschaften von der Anwendung auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, ausgeschlossen sind. Diese Eigenschaften sind:

a) das Pflanzenschutzmittel ist gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in eine der folgenden Gefahrenklassen, -kategorien eingestuft oder einzustufen (kursiv gesetzt: Ausschlusskriterien für Wirkstoffe gemäß Anhang II, Punkt 3.6.2 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009):

  • Karzinogenität, Kategorie 1A oder 1B oder Kategorie 2
  • Keimzell-Mutagenität, Kategorie 1A oder 1B oder Kategorie 2
  • Reproduktionstoxizität, Kategorie 1A oder 1B oder Kategorie 2
  • Wirkung auf oder über die Laktation
  • Sensibilisierung der Atemwege, Kategorie 1
  • Sensibilisierung der Haut, Kategorie 1
  • schwere Augenschädigung, Kategorie 1
  • akute Toxizität, Kategorie 1, 2 oder 3
  • spezifische Zielorgantoxizität, Kategorie 1 oder Kategorie 2
  • Ätzwirkung auf die Haut, Kategorien 1A, 1B oder 1C
  • Aspirationsgefahr, Kategorie 1

b) das Pflanzenschutzmittel gilt als endokrin schädlich für den Menschen.

Diese Vorgehensweise gilt für alle Verfahren, die in § 17 PflSchG genannt sind, ausgenommen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko).

Gebühren

Die Gebühren für die einzelnen Verfahren sind der Pflanzenschutz-Gebührenverordnung (gültig bis zum 30. September 2021) zu entnehmen. Im Fall der Genehmigung nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 PflSchG beträgt der Gebührenrahmen 4.100 bis 16.400 Euro. Unter bestimmten Voraussetzungen sieht die Pflanzenschutz-Gebührenverordnung auf Antrag eine Gebührenermäßigung bzw. Gebührenbefreiung vor.

Für Anträge, die ab dem 1. Oktober 2021 beim BVL gestellt werden, sind die Gebühren der Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen (BMELBGebV) zu entnehmen. Der Gebührenrahmen beträgt dann 10.200 bis 23.500 Euro. Unter bestimmten Voraussetzungen sieht die BMELBGebV auf Antrag eine Gebührenermäßigung bzw. Gebührenbefreiung vor. Für die Erhebung von Gebühren für eine gebührenfähige Leistung, die vor dem 1. Oktober 2021 beantragt oder begonnen aber noch nicht vollständig erbracht wurde, gelten gemäß der Übergangsvorschrift in § 7 BMELBGebV die bis zum 30. September 2021 gültigen gebührenrechtlichen Vorschriften.

Veröffentlichung

Das BVL aktualisiert regelmäßig eine Liste der Pflanzenschutzmittel zur Anwendung auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind. Zudem werden erteilte Genehmigungen und Änderungen von Genehmigungen im Bundesanzeiger bekannt gegeben.